Anfang 2019 wurde auf europäischer Ebene die Warenkaufrichtlinie verabschiedet, die die mehr als 20 Jahre alte Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ablösen wird. Das Gesetz wird zum 1.1.2022 in Kraft treten.

Die wichtigsten Elemente im Gesetzesentwurf sind die Neuregelung des Sachmangelbegriffs in § 434 BGB-E, die Einführung einer Sache mit digitalem Inhalt in den §§ 475b ff. BGB-E inklusive einer Aktualisierungspflicht und die Verlängerung der Beweislastumkehr in § 477 BGB-E mit teilweise deutlichen Ausweitungen.

Das neue Recht wird sowohl den Käufer als auch den Verkäufer vor große Herausforderungen stellen. Die Änderung vieler Vertragsformulare und von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist notwendig. Der Gesetzentwurf sieht neben diesen grundlegenden Änderungen weitere kleinere Anpassungen vor. Hierzu gehören unter anderem die konkretisierenden Ergänzungen der Sonderbestimmungen für Garantien, die Neugestaltung des Ausschlusses von Mängeln bei Kenntnis des Käufers und die praktische Streichung des Fristsetzungserfordernisses bei Verbrauchsgüterkäufen.

Die weitreichendsten Neuerungen ergeben sich durch die Einführung der §§ 475b ff. BGB-E.
§ 475b Abs. 1 BGB-E schafft mit der „Sache mit digitalem Element“ eine neue Sachkategorie. Entgegen vorheriger Überlegungen findet diese Neuregelung nur auf Verbraucherverträge und nicht auf sämtliche Kaufverträge Anwendung. Hinzukommen verbraucherrechtliche Sonderbestimmungen hinsichtlich Mangelfreiheit, Rücktritt, Schadensersatz und Verjährung. Nach der Definition in § 475b Abs. 1 S. 2 BGG-E ist eine Sache mit digitalem Element eine Sache, die in einer solchen Weise digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen enthält oder mit ihnen verbunden ist, dass sie ihre Funktionen ohne diese digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht erfüllen kann. Hierunter sollen beispielsweise eine Smartwatch, ein Smart-TV oder ein intelligenter Kühlschrank fallen. Die §§ 475b Abs. 2 – 4 und 475c BGB-E ergänzen in Zukunft die Anforderung an die Mangelfreiheit aus dem neuen § 434 BGB-E für Sachen mit digitalen Elementen.

Gegenstand der Richtlinie sind auch Verträge zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer, die die Bereitstellung digitaler Inhalte und Daten zum Gegenstand haben und in digitaler Form bereitgestellt werden (z.B. Musik, Online-Videos u.ä), Dienstleistungen, die die Erstellung, Verarbeitung oder Speicherung von Daten in digitaler Form ermöglichen (z.B. Software, Cloud-Dienste) sowie Dienstleistungen, die den Austausch von Daten ermöglichen (z. B. soziale Medien wie Facebook, Instagram und Tik‑Tok oder Online‑Games) sind damit auch erfasst.

Für einfache analoge Kaufgegenstände bestimmt sich die Mangelfreiheit nur nach dem neuen § 434 BGB-E. Auch dieser wird im Verhältnis zum alten Recht grundlegend geändert. Für Sachen mit digitalen Elementen, also solchen Sachen, die eine qualifizierte Verbindung zwischen Sache und digitalem Element aufweisen, gilt ebenfalls § 434 BGB-E, ergänzt um die neuen §§ 475b Abs. 2 – 4 BGB-E und c BGB-E. Liegt keine solche Verbindung zwischen der Sache und dem digitalen Element vor, bestimmt sich die Mangelfreiheit des digitalen Elements nach den neuen §§ 327d ff. BGB-E. Diese ergeben sich aus der Umsetzung der Schwesterrichtlinie der WKRL, der Digitalen-Inhalte-Richtlinie (EU) 2019/770. Nachdem der Bundesgerichtshof seit 2016 seine Rechtsprechung an die Interpretation des EuGHs hinsichtlich der Reichweite der Beweislastumkehr angepasst hat, verlängert der neugefasste § 477 Abs. 1 BGB-E diese Beweislast von 6 Monaten auf ein Jahr. § 477 I BGB-E umfasst dabei insbesondere auch die Anforderungen an die Mangelfreiheit aus § 475b BGB-E. Wird bei einer Sache mit digitalem Element die dauerhafte Bereitstellung des digitalen Elements vertraglich geschuldet, gilt die Beweislastumkehr nach Absatz 2 sogar für den vereinbarten Bereitstellungszeitraum, mindestens aber für zwei Jahre. Hinzu kommt, dass der Verkäufer bei digitalen Inhalten eine Aktualisierungspflicht hat und den Käufer hierauf hinweisen muss.